Françoise Hardy: Ein Leben in zehn Chansons (2024)

Françoise Hardy ist tot. Sie starb nach Angaben ihres Sohnes Thomas Dutronc im Alter von 80 Jahren. Frankreichs Kulturministerin Rachida Dati würdigte eine »Legende des französischen Chansons«. »Für mich ist sie meine ganze Kindheit«, erklärte der französische Premierminister Gabriel Attal und nannte Hardy eine »französische Ikone«. Ein Blick auf eine außergewöhnliche musikalische Karriere.

»Tous les garçons et les filles« (1962)

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Zur Belohnung für ihre guten schulischen Leistungen hatte Françoise Hardy mit 16 eine Gitarre geschenkt bekommen. Sie schrieb sich an der Pariser Sorbonne in Germanistik ein, aber eigentlich galt ihr Interesse mehr den Liedern, die sie schrieb – beeinflusst vom Rock ’n’ Roll, den sie in der Radiosendung »Salut les copains« hörte. Wobei die melancholische Françoise besonders die Balladen der Everly Brothers schätzte und von Elvis Presley lieber »Are You Lonesome Tonight« hörte als die wilderen Tanzstücke. 1962 hatte sie ihren ersten Fernsehauftritt in der Sendung der gestrengen Gesangslehrerin Mireille – schüchtern im Gespräch, aber souverän mit ihrem selbst geschriebenen Lied. Eine Eigenkomposition, ungewöhnlich für die Zeit, wurde Ende 1962 auch zu ihrem ersten Hit – »Tous les garçons et les filles«: eine Ballade darüber, wie alle anderen Mädchen und Jungen ihres Alters Hand in Hand herumspazieren – aber sie, sie ist allein. Das Lied ist simpel, aber gerade darin spricht es den Teenagern aus den Herzen, die sich darin stärker wiedererkennen als in den lyrischen Verbrämungen der intellektuelleren Chansons. Hardy hatte das Glück, diesen Song am Abend einer wichtigen Abstimmung im Herbst 1962 im Fernsehen singen zu können. Ganz Frankreich schaute zu, es gab nur einen TV-Kanal – und ganz Frankreich verliebte sich in das traurige Mädchen.

Françoise Hardy: Ein Leben in zehn Chansons (1)

»Frag den Abendwind« (1965)

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1963 vertrat Françoise Hardy Monaco beim Grand Prix Eurovision und belegte mit ihrer Komposition »L’amour s’en va« den fünften Platz. Doch dieser Auftritt allein war es nicht, der sie auch in Deutschland bekannt machte. Schon 1962 trat sie bei Peter Kraus auf, es folgten etliche weitere Fernsehauftritte. Die Schlagerwelt der Sechzigerjahre war sehr offen für internationale Einflüsse, Bundesdeutschland gab sich kosmopolitisch. Für den Saarländischen Rundfunk drehte Truck Branss 1965 ein »Portrait in Musik« über Françoise Hardy, in dem sie ihre Lieder in ungewöhnlichen Bühnenbildern und mit Schwarz-Weiß-Effekten sang. Nach der Ausstrahlung wurde »Frag den Abendwind«, eine Komposition des Österreichers Fred Gordoni, zum Top-Ten-Hit in Deutschland – es half, dass Hardy gut Deutsch sprach. 1967 brachte Hardys Plattenfirma die Sängerin mit Udo Jürgens zusammen. Es entstand ein Dokumentarfilm mit den beiden Stars, »Begegnungen«, der aber vom französischen Fernsehen als zu anzüglich abgelehnt wurde (sehen Sie hier Ausschnitte auf Französisch). Auf Hardys deutschsprachigem Album »Träume« (1970) singt sie auch eine Udo-Jürgens-Komposition.

»Comment te dire adieu« (1968)

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Frankreich war in den Sechzigerjahren im Yéyé-Fieber – benannt nach der französischen Aussprache des englischen »Yeah yeah« der Beatbands. Françoise Hardy war neben France Gall, Sylvie Vartan und Sheila eines der weiblichen Gesichter jener Epoche. Ihr Image als elegante, tiefsinnig blickende Brünette wurde sorgfältig geprägt von ihrem Haus- und Hoffotografen Jean-Marie Périer. Hardys Leidenschaft galt den Songs, die sie bald lieber in England aufnahm, weil dort die besseren, moderner denkenden Musiker zu finden waren. Lieder wie »Je veux qu'il revienne« (1964) oder »La maison où j’ai grandi« (1966) wurden große Hits. 1968 nahm sie eine Coverversion des US-Easy-Listening-Hits »It Hurts to Say Goodbye« auf, um einen französischen Text hatte sie Serge Gainsbourg gebeten, der dafür zahlreiche Worte mit der Silbe »Ex« fand – von »Index« bis »Kleenex«.

»La question« (1972)

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Als großer Star ihrer Zeit ließ sich Françoise Hardy auch zu einigen Filmrollen überreden (zum Beispiel »Ein Schloss in Schweden« von Roger Vadim, »Grand Prix« von John Frankenheimer, »Masculin féminin« von Jean-Luc Godard), doch es war keine Herzenssache für sie. Dafür entwickelte sie sich musikalisch weiter, ließ die einfachen Melodien der Yéyé-Ära hinter sich und passte zum Zeitgeist der frühen Siebzigerjahre, in dem nach den wilden 1968er-Jahren (in denen sich Hardy politisch raushielt) eine Sehnsucht nach Introspektion aufkam. Von der brasilianischen Songwriterin Tuca komponiert (Hardy lernte brasilianische Sounds 1963 auf Tournee dort kennen), handelt »La question« von den Schwierigkeiten in einer Liebesbeziehung – wie es sie auch zwischen Hardy und ihrem Partner Jacques Dutronc, selbst ein Star der Yéyé-Zeit, gab.

Françoise Hardy: Ein Leben in zehn Chansons (2)

»Message personnel« (1973)

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Françoise Hardy versuchte sich dem Interesse der Klatschpresse an ihrem Leben mit und ohne Jacques Dutronc soweit möglich zu entziehen, sie lebten hauptsächlich auf der Insel Korsika. Am 16. Juni 1973 kam ihr Sohn Thomas Dutronc zur Welt, ihm widmete sie in einem Sprechgesangteil das Chanson »Message personnel«, das der Songwriter Michel Berger ursprünglich für seine Ex-Partnerin Véronique Sanson geschrieben hatte. Für den Musikjournalisten André Boße, der gerade beim Verlag Reclam ein Buch über französischen Pop herausgebracht hat, ist es »eines der Kernstücke des French Pop. Weil man hier alles findet, was die französische Musik ausmacht.«

»J’écoute de la musique saoule« (1978)

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Die Disco-Ära forderte viele Stars der Chansonwelt zu Neuerfindungen heraus, und Françoise Hardy war keine Ausnahme. Zerrissen zwischen der Erziehung ihres Sohnes Thomas und der musikalischen Karriere, begab sie sich in dieser Phase in die Hände des Songwriter-Duos Gabriel Yared und Michel Jonasz. Sie legten ihr 1978 den Titelsong des Albums »Musique saoule« vor – ein Wortspiel mit Soul und einem französischen Wort für »betrunken«. Ein ungewöhnlich schneller Song für Hardy, die damit aber ein jüngeres Publikum erreichte. Ähnlich klang vieles, was Françoise Hardy bis in die Achtzigerjahre hinein aufnahm.

»Partir quand même« (1988)

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1981 hatten Françoise Hardy und Jacques Dutronc geheiratet – aus steuerlichen Gründen, wie Hardy später erzählte. Doch die Beziehung blieb kompliziert, beide waren untreu. 1988 machten sie ihre Trennung öffentlich, ließen sich aber nie scheiden, aus ihrer Beziehung wurde »eine besondere Freundschaft«. Dennoch lässt sich die Ballade »Partir quand même«, geschrieben von Dutronc, gesungen von Hardy, nur als Abschiedslied deuten. Auch um Hardys Karriere wurde es still, Schlagzeilen machte sie nun vor allem mit ihrem Interesse an Astrologie und Esoterik.

Françoise Hardy: Ein Leben in zehn Chansons (3)

»To the End (La Comedie)«(1995)

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Die Brit-Pop-Band Blur holte Françoise Hardy zumindest international aus der Vergessenheit: Für eine zweisprachige Version ihrer Ballade »To the End« ließen sie Hardy die französischen Teile singen und belebten damit eine Liebesbeziehung zwischen dem englischen Pop und der poppigen Französin neu: In den Sechzigerjahren hatte insbesondere Mick Jagger für Hardy geschwärmt, sie war auf Partys der Rolling Stones und ihres Umfelds zu Gast und beschrieb in einem späteren Interview, dass die Bewunderung der Weltstars ihre Selbstwahrnehmung fundamental geändert habe: In Frankreich galt sie ja noch immer als das traurige, einsame Mädchen. Auch Bob Dylan soll bei seinem Auftritt in Paris 1966 den Wunsch geäußert haben, zwei Französinnen zu treffen: Françoise Hardy und Brigitte Bardot.

»Tant de belles choses« (2004)

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Auch in Frankreich äußerte eine neue Generation von Musikern ihre Bewunderung für Françoise Hardy – darunter Étienne Daho und Benjamin Biolay. Sie half ihr in den Nullerjahren zu einem musikalischen Comeback. Auf dem Album »Tant de belles choses« produzierte ihr Sohn Thomas Dutronc, inzwischen selbst erfolgreicher Musiker, einige Songs. Das Album wurde mit einer Goldenen Schallplatte für mehr als hunderttausend verkaufte Exemplare ausgezeichnet, bei der französischen Grammy-Entsprechung Victoires de la Musique wurde Hardy als »weibliche Künstlerin des Jahres« ausgezeichnet. Der Erfolg war besonders süß, weil im Januar 2004 bei Hardy ein MALT-Lymphom festgestellt wurde.

Françoise Hardy: Ein Leben in zehn Chansons (4)

»L’autre côté du ciel« (2010)

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Françoise Hardy nahm noch weitere Alben auf, das letzte, »Personne d’autre«, erschien 2018. Doch ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich zunehmend und erforderte auch mehrere Krankenhausaufenthalte. 2019 enthüllte Hardy der Öffentlichkeit, dass sie im Zuge der Behandlung einer zweiten Krebserkrankung auf einem Ohr taub geworden war. 2021 drängte sie bei Präsident Macron darauf, den ärztlich begleiteten Suizid in Frankreich zu legalisieren: »Jemanden, der unheilbar krank ist, unerträglich leiden zu lassen, bis er stirbt, ist unmenschlich«, sagte Hardy 2021 der AFP. Nun hat sie den Weg auf die andere Seite des Himmels gefunden.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung dieses Artikels hieß es, Françoise Hardy habe »Tous les garçons et les filles« am Abend des Referendums über die Unabhängigkeit Algeriens am 18. November 1962 im Fernsehen gesungen. Die letzte Volksabstimmung zu Algeriens Dekolonisierung fand aber bereits am 1. Juli 1962 statt. Wir haben den Text korrigiert.

Françoise Hardy: Ein Leben in zehn Chansons (2024)

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Name: Duane Harber

Birthday: 1999-10-17

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Job: Human Hospitality Planner

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